Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

Allgemeine Fragen zur EnEV und zu den Nachweisen der KfW
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birgit231098
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Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#1 Beitrag von birgit231098 »

Hallo,
ich stehe vor folgendem Problem: mein Bauherr möchte ein KfW-100 Haus und die entsprechenden Zuschüsse / Kredite. Die erforderlichen Werte kann ich auch nachweisen, aber mit der Kellerdecke habe ich ein Problem. Der Keller ist relativ niedrig und soll nur so viel Dämmung erhalten, wie absolut notwenig! Muss ich nun den U-Wert von 0,4 (EnEV) einhalten, oder genügt der Mindestwärme-schutz nach DIN?? Über Hilfe wäre ich sehr dankbar.
Andreas Obermüller
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#2 Beitrag von Andreas Obermüller »

Die KfW will einen Nachweis nach EnEV, in der Regel das Monatsbilanzverfahren. Wenn hier der Nachweis für einen EnEV-Neubau erreicht wird, dann ist der U-Wert der einzelnen Bauteile "egal". Der Mindestwärmeschutz sollte natürlich eingehalten sein.
energing-ka
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#3 Beitrag von energing-ka »

Die KfW will (zuerst) nur den Gesamtnachweis, also qp' und ht'. Der Bauteilnachweis wird zwar von der KfW nicht verlangt, wohl aber u. U. von der unteren Baurechtsbehörde, falls wegen Umbau oder Erweiterung ein Bauantrag gestellt wurde. Ist der Bauteilnachweis nicht erfüllt, ist eine rechtlich verbindliche Regel nicht eingehalten. Dem Planer und dem Bauherrn droht damit ein Bußgeld, es sei denn ".. wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter..."

Bei einer bloßen Sanierung, d. h. ohne Beteiligung der Baurechtsbehörde, fragt allerdings keiner danach.

Warum aber nicht etwas mehr Dämmung im FB-Aufbau verlegen? Die neue EnEV 2009 (gültig ab 1.10.2009) wird die Anforderungen noch etwas verschärfen. Die jetzige Regelung gilt seit 2002, da würde ich mir schon etwas einfallen lassen, um wenigstens diese einzuhalten. Es gibt ja einige Materialien in WLG 020 oder WLG 025, da genügen auch geringere Stärken.

Bei den KfW- Geschichten ist es ja so, dass bei der Beantragung der Mittel als Nachweis die Energiebedarfsberechnung als Gesamtnachweis abgefragt wird. Später, nach Fertigstellung, muss man noch einmal die "planmäßige" Ausführung bestätigen. Spätestens da kann es passieren, dass die KfW herausfindet, dass ein Bauteilnachweis nach EnEV nicht stimmt. Die KfW prüft auch Handwerkerrechnungen, und wenn auf einer solchen eine Kellerdeckendämmung von z. B. 6cm WLG 035 auftaucht, kann sie es sich leicht ausrechnen, dass die 0,40 W/m2*K eventuell nicht erreicht sind. Wie dann reagiert wird, weiß ich nicht...

Jedenfalls würde ich als Energieberater hier kein Risiko eingehen und nicht tricksen. Wenn der Bauherr die erhöhte Förderung nach "EnEV 100%" nicht bekommt, sucht er sich einen, der bezahlt. Dann die Kellerdecke lieber nicht dämmen, dann greift auch die EnEV nicht. Reicht dann der Nachweis?
Grüße!
energing-ka
Andreas Obermüller
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#4 Beitrag von Andreas Obermüller »

Das mit der Bauteil-Regel sehe ich nicht so. Die Bauteile müssen die in der EnEV angegebenen U-Wert nur dann einhalten, wenn das Bauteil-Verfahren nach §9 (3) gewählt wurde. Wenn die Berechnung des Gesamtgebäudes erstellt wird, müssen die U-Werte der EnEV nicht eingehalten sein.
birgit231098
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#5 Beitrag von birgit231098 »

Herzlichen Dank für die ausführlichen Antworten.
Leider sind sie absolut gegensätzlich. Kann es vielleicht damit zusammenhängen, dass ich nicht klar dargestellt habe, dass es sich um einen Altbestand aus 1913 handelt??
Außerdem frage ich mich, warum es überhaupt noch einen Mindestwärmeschutz gibt, wenn doch die EnEV alles regelt??
energing-ka
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#6 Beitrag von energing-ka »

Andreas Obermüller hat geschrieben:Das mit der Bauteil-Regel sehe ich nicht so. Die Bauteile müssen die in der EnEV angegebenen U-Wert nur dann einhalten, wenn das Bauteil-Verfahren nach §9 (3) gewählt wurde. Wenn die Berechnung des Gesamtgebäudes erstellt wird, müssen die U-Werte der EnEV nicht eingehalten sein.
Das sehe ich allerdings anders. Die Anforderungen an die Bauteile nach Anlage 3 sind immer einzuhalten, beim Bauteilverfahren sowieso. Der § 9 regelt nur, wann das Bauteil-Verfahren angewendet werden kann bzw. wann auf einen genaueren Nachweis (Gesamtnachweis) verzichten werden kann.

Die in Anlage 3 aufgeführten Mindestanforderungen an die Außenbauteile gelten immer. Ich finde nirgends in der EnEV eine (vielleicht auch implizite) Regelung, dass bei Berechnung z. B. nach dem Monatsbilanzverfahren diese Mindest- U-Werte nicht anzuwenden sind.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass es in Münster / Westfalen zulässig wäre, ein Gebäude mit einem U-Wert der Außenwände von 0,70 W/m2*K zu erstellen, nur weil ich mich an das dortige Fernwärmenetz anschließe, das einen Primärenergiefaktor von 0,00 hat.

Es gibt bei dieser Problematik eine gewissen Hirarchie der Anforderungen:

1) Die einzelnen Bauteile müssen den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108 einhalten

2) Die einzelnen Bauteile müssen den (weit strengeren Anforderungen) der EnEV, Anlage 3 entsprechen (Bauteilnachweis).

3) Unter Umständen muß ein Gesamtnachweis (qp' und ht') geführt werden. Bei Neubau immer.

1) und 2) gilt im Bestand für alle Bauteile, die geändert werden und einen gewissen %- Anteil überschreiten.

Konsequenzen:

Wenn 1) nicht eingehalten wird, ist es ein baulicher Mangel

Wenn 2) nicht eingehalten wird, ist es eine Mißachtung einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift, die mit Bußgeld geahndet werden kann

Wenn 3) nicht eingehalten wird, gibt es zumindest keine erhöhte Förderung von der KfW. Eine Mißachtung einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift ist es nur dann, wenn nach EnEV für das geplante Vorhaben ein solcher Nachweis gefordert wäre
Grüße!
energing-ka
Dikunze
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#7 Beitrag von Dikunze »

Hallo,
ich schließe mich der Meinung von Herrn Obermüller an. Beim EnEV-Nachweis auf der Basis des HP- bzw. Monatsbilanzverfahrens müssen nur die Höchstwerte für Qp und Ht eingehalten werden. Bei bestehenden Gebäuden ist eine Überschreitung bis 40% zulässig. Eine Einhaltung der U-Werte für einzelne Bauteile gem. EnEV Anlage 3 ist in diesem Zusammenhang nicht erforderlich. Dies erscheint auch logisch, weil sonst ein Forderung an Ht unsinnig wäre. Im Sinne eines ausgewogenen Wärmeschutzes sollte (natürlich) jedes Bauteil einen akzeptablen U-Wert haben…

Die Einhaltung des Ht-Höchstwertes ist eine „Nebenforderung“ der EnEV, um ein gutes Wärmeschutzniveau der Gebäudehülle sicherzustellen. Damit wird verhindert, dass eine schlechte Gebäudehülle mit einer modernen und besonders CO2-effizienten Anlage "ausgeglichen" werden kann.

Zum Mindestwärmeschutz: Der Mindestwärmeschutz nach DIN 4108 ist unabhängig vom Nachweisverfahren immer einzuhalten! Er stellt nur den hygienisch notwendigen Wärmeschutz für das jeweilige Bauteil sicher (Vermeidung von Kondesat+Schimmelpilz).

In der Hoffnung, etwas zur Klärung beigetragen zu haben
Dikunze
energing-ka
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#8 Beitrag von energing-ka »

Wo steht das?
Grüße!
energing-ka
Leonardo
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#9 Beitrag von Leonardo »

Hallo,
Bevor ich nochmals recherchiert habe war ich der nachfolgenden Meinung

Es ist doch davon abhängig ob ich an dem Bauteil etwas ändere.

Wenn ich z.B. die Kellerdecke oder die Aussenwand überhaupt nicht anfasse und trotzdem für die Gesamtbilanz des Gebäudes die Anforderungen der EnEV
bei Qp'' und Ht' erreiche dann ist nur die Einhaltung des Mindestwärmeschutzes für diese Bauteile erforderlich.
Greife ich aber in das Bauteil ein um einen besseren Wärmeschutz zu erhalten, dann gilt natürlich die Mindestanforderung der EnEV, (Anlage 3 Absatz 7 Tabelle 1) für das Bauteil.


nachdem ich aber noch mal in der EnEV gestöbert habe, ist es eindeutig geregelt.
Entweder die Höchstwerte für das Gesamtgebäude einhalten oder Bauteilverfahren
---------------------------------------
Abschnitt 3
Bestehende Gebäude und Anlagen

§ 9 Änderung von Gebäuden
(1) Änderungen im Sinne der Anlage 3 Nr. 1 bis 6 bei beheizten oder gekühlten Räumen von Gebäuden sind so auszuführen, dass

1. geänderte Wohngebäude insgesamt die jeweiligen Höchstwerte des Jahres-Primärenergiebedarfs und des spezifischen, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogenen Transmissionswärmeverlusts nach § 3 Abs. 1,

2. geänderte Nichtwohngebäude insgesamt den Jahres-Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes nach § 4 Abs. 1 und den spezifischen, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogenen Höchstwert des Transmissionswärmetransferkoeffizienten nach § 4 Abs. 2

um nicht mehr als 40 vom Hundert überschreiten, wenn nicht nach Absatz 3 verfahren werden soll. In den in § 3 Abs. 3 und § 4 Abs. 4 genannten Fällen sind nur die Anforderungen nach Absatz 3 einzuhalten.
Zuletzt geändert von Leonardo am 25. Juni 2009, 08:05, insgesamt 2-mal geändert.
Dikunze
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#10 Beitrag von Dikunze »

Hallo!

Ergänzend zum Thema ein Auszug aus dem BKI EnEV-Navigator, herausgegeben von Dipl.-Phys. Klaus Lambrecht und Dipl.-Ing. Architekt Uli Jungmann (Stuttgart, 2008). Auf Seite 29 im Kapitel 2.12 (Freiheiten und Anforderungen an die Planer) heißt es hierzu:
„Die Energieeinsparverordnung stellt an Planer und Bauherren neue Anforderungen - schafft aber auch größere Freiräume für integrierte Lösungen zwischen Gebäudehülle und Anlagentechnik. Mit der Energieeinsparverordnung EnEV erhöht sich der gestalterische Spielraum bei der Planung energieeffizienter Gebäude durch die Kombinationsmöglichkeiten von Gebäudeform, Gebäudehülle und Anlagentechnik deutlich. Die Bewertungsgröße „Primärenergiebedarf" lässt dem Planer dabei größtmöglichen Handlungsspielraum. Ob der maximal zulässige Primärenergiebedarf durch eine gute Gebäudehülle oder innovative Anlagentechnik erreicht wird, spielt keine Rolle, sofern bestimmte Grenzwerte eingehalten werden. Ein niedrigerer Standard im baulichen Wärmeschutz kann also durch effizientere Anlagentechnik kompensiert werden - und umgekehrt. Wird der Primärenergiebedarf eines Gebäudes ermittelt, werden seitens der EnEV keine Mindestanforderungen an die energetische Qualität einzelner Bauteile gestellt. Grenzen setzen hier lediglich noch die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Diesen ist mit Einhaltung des Mindestwärmeschutzes nach DIN 4108-2 genüge getan. In DIN 4108-2 werden Mindestanforderungen an Außenbauteile festgelegt, die lediglich ein hygienisches Raumklima sowie Tauwasser- und Schimmelpilzfreiheit an Außenbauteilen sicherstellen sollen. Ist ein hygienisches Raumklima und die Vermeidung von Feuchteschäden gewährleistet und erfüllt der Baukörper insgesamt die Anforderungen an den spezifischen Transmissionswärmeverlust, so hat der Entwerfer im Detail völlig freie Hand.“

Dikunze
Andreas Obermüller
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#11 Beitrag von Andreas Obermüller »

@energing-ka:

Es steht eindeutig (Zitat ist oben schon drin) in der EnEV, dass Qp und Ht' einzuhalten sind, wenn nicht im Bestand schon die Anlage 3 eingehalten wird. Anlage 3 ist eine Vereinfachung für Bestandsgebäude, wenn man nicht das ganze Gebäude berechnen möchte oder kann. Es steht wirklich nirgends, dass Anlage 3 immer einzuhalten wäre.
energing-ka
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#12 Beitrag von energing-ka »

Leonardo hat geschrieben:....
nachdem ich aber noch mal in der EnEV gestöbert habe, ist es eindeutig geregelt.
Entweder die Höchstwerte für das Gesamtgebäude einhalten oder Bauteilverfahren
---------------------------------------
Abschnitt 3
Bestehende Gebäude und Anlagen

§ 9 Änderung von Gebäuden
(1) Änderungen im Sinne der Anlage 3 Nr. 1 bis 6 bei beheizten oder gekühlten Räumen von Gebäuden sind so auszuführen, dass

1. geänderte Wohngebäude insgesamt die jeweiligen Höchstwerte des Jahres-Primärenergiebedarfs und des spezifischen, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogenen Transmissionswärmeverlusts nach § 3 Abs. 1,

2. geänderte Nichtwohngebäude insgesamt den Jahres-Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes nach § 4 Abs. 1 und den spezifischen, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogenen Höchstwert des Transmissionswärmetransferkoeffizienten nach § 4 Abs. 2

um nicht mehr als 40 vom Hundert überschreiten, wenn nicht nach Absatz 3 verfahren werden soll. In den in § 3 Abs. 3 und § 4 Abs. 4 genannten Fällen sind nur die Anforderungen nach Absatz 3 einzuhalten.
Bitte um Entschuldigung, aber so eindeutig ist das nicht. Diesen Absatz habe ich auch sehr aufmerksam gelesen. Daraus abzuleiten, dass beim Gesamtnachweis die Einzelbauteile nicht den Anforderungen nach Anlage 3 genügen müssen, wäre ein Umkehrschluß. Er sagt nur aus, dass:

a) beim Gesamtnachweis zul qp' und zul ht' erfüllt sein müssen
b) beim Bauteilnachweis, falls er zulässig ist, nur die Werte nach Anlage 3 erfüllt sein müssen.

Etwas anderes kann ich nicht herauslesen. Wenn ich auch die Anlage 3 durchlese und die ganz am Anfang zitierten Paragrafen betrachte, komme ich zu dem Schluß, dass diese Anforderungen auf jeden Fall einzuhalten sind.
Grüße!
energing-ka
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#13 Beitrag von energing-ka »

Dikunze hat geschrieben:Hallo!

Ergänzend zum Thema ein Auszug aus dem BKI EnEV-Navigator, herausgegeben von Dipl.-Phys. Klaus Lambrecht und Dipl.-Ing. Architekt Uli Jungmann (Stuttgart, 2008). Auf Seite 29 im Kapitel 2.12 (Freiheiten und Anforderungen an die Planer) heißt es hierzu:
„Die Energieeinsparverordnung stellt an Planer und Bauherren neue Anforderungen - schafft aber auch größere Freiräume für integrierte Lösungen zwischen Gebäudehülle und Anlagentechnik. Mit der Energieeinsparverordnung EnEV erhöht sich der gestalterische Spielraum bei der Planung energieeffizienter Gebäude durch die Kombinationsmöglichkeiten von Gebäudeform, Gebäudehülle und Anlagentechnik deutlich. Die Bewertungsgröße „Primärenergiebedarf" lässt dem Planer dabei größtmöglichen Handlungsspielraum. Ob der maximal zulässige Primärenergiebedarf durch eine gute Gebäudehülle oder innovative Anlagentechnik erreicht wird, spielt keine Rolle, sofern bestimmte Grenzwerte eingehalten werden. Ein niedrigerer Standard im baulichen Wärmeschutz kann also durch effizientere Anlagentechnik kompensiert werden - und umgekehrt. Wird der Primärenergiebedarf eines Gebäudes ermittelt, werden seitens der EnEV keine Mindestanforderungen an die energetische Qualität einzelner Bauteile gestellt. Grenzen setzen hier lediglich noch die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Diesen ist mit Einhaltung des Mindestwärmeschutzes nach DIN 4108-2 genüge getan. In DIN 4108-2 werden Mindestanforderungen an Außenbauteile festgelegt, die lediglich ein hygienisches Raumklima sowie Tauwasser- und Schimmelpilzfreiheit an Außenbauteilen sicherstellen sollen. Ist ein hygienisches Raumklima und die Vermeidung von Feuchteschäden gewährleistet und erfüllt der Baukörper insgesamt die Anforderungen an den spezifischen Transmissionswärmeverlust, so hat der Entwerfer im Detail völlig freie Hand.“

Dikunze
Hallo,

Herr Lambrecht hat damals (vor 2 Jahren) bei meinen Schulungen diese Meinung nicht, zumindest nicht so eindeutig vertreten. Die anderen Dozenten, die Herren Arch. Sternagel und Horschler schon.

Da offensichtlich auch diese Kapazitäten die Frage unterschiedlich auslegen, wundern mich die kontroversen Meinungen hier im Forum nicht. Das ist auch der Grund, warum ich so darauf herumreite (ich möchte nicht unbedingt recht haben).

Es ist eine Frage mit grundsätzlicher Bedeutung. Deshalbe habe ich sie auch im Mitgliederforum des DEN e. V. zur Diskussion gestellt und werde gelengentlich darüber berichten.
Grüße!
energing-ka
Leonardo
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#14 Beitrag von Leonardo »

Drehen wir die Sache mal herum,

bei Einhaltung der Werte aus dem Bauteilverfahren erreicht man in Regel bei einem normalen Einfamilienhaus in etwa den für das Gebäude nach EnEV zuässigen Höchstwert für Ht'
Wendet man die Werte aus dem Bauteilverfahren aber bei einem großen Mehrfamilienhaus (mit einem wesentlich günstigeren A/V-Verhältnis) an dann bewegt man sich schon in Bereichen die die Forderungen der EnEV bei weitem überschreiten.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Gesetzgeber über die Hintertür des Bauteilverfahrens, große Gebäuden zu verschärften Ht' Ergebnissen zwingt.

Hier macht es dann wirklich Sinn die Gesamtbilanz nach EnEV zu ermitteln und sich vom Bauteilverfahren zu verabschieden.
Um Ht' zu erreichen reichen oft wesentlich geringere Dämmstärken wie in der Bauteiltabelle vorgegeben.
Es macht also Sinn etwas mehr Rechenaufwand zu investieren wenn der Bauherr nur gerade so eben die Vorschriften einhalten will.
birgit231098
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Re: Mindestwärmeschutz oder EnEV ?

#15 Beitrag von birgit231098 »

Ich sehe, meine Frage hat eine große Diskussion ausgelöst. Irgenwie beruhigt mich das doch :D
Aber auf das Ergebnis der weiteren Recherche bin ich doch sehr gespannt. Auf jeden Fall schon mal herzlichen Dank für die Investition Ihrer Zeit.
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