Auslegung §7 ENEV - Wärmebrückenzuschlag + Gleichwertigkeitsnachweis

Fragen zur Programmbedienung des BKI Energieplaners bei der Berechnung von Wohngebäuden nach DIN V 4108-6/DIN V 4701-10/12 oder DIN 18599
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Moritz
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Auslegung §7 ENEV - Wärmebrückenzuschlag + Gleichwertigkeitsnachweis

#1 Beitrag von Moritz »

Liebe Kollegen,

ich würde gerne eine Diskussion zum §7 der ENEV zum Thema Wärmebrückenzuschlag + Gleichwertigkeitsnachweis anstoßen.

Zitat aus der ENEV:

(1) Bei zu errichtenden Gebäuden sind Bauteile, die gegen die Außenluft, das Erdreich oder Gebäudeteile mit wesentlich niedrigeren Innentemperaturen abgrenzen, so auszuführen, dass die Anforderungen des Mindestwärmeschutzes nach den anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Ist bei zu errichtenden Gebäuden die Nachbarbebauung bei aneinandergereihter Bebauung nicht gesichert, müssen die Gebäudetrennwände den Mindestwärmeschutz nach Satz 1 einhalten.

(3) Der verbleibende Einfluss der Wärmebrücken bei der Ermittlung des Jahres-Primärenergiebedarfs ist nach Maßgabe des jeweils angewendeten Berechnungsverfahrens zu berücksichtigen. Soweit dabei Gleichwertigkeitsnachweise zu führen wären, ist dies für solche Wärmebrücken nicht erforderlich, bei denen die angrenzenden Bauteile kleinere Wärmedurchgangskoeffizienten aufweisen, als in den Musterlösungen der DIN 4108 Beiblatt 2 : 2006-03 zugrunde gelegt sind.


Völlig eindeutig ist, dass für den Neubau ab der Mindestwärmeschutz (flächig und an Wärmebrücken) grundsätzlich einzuhalten und ggfs. nachzuweisen ist. Die DIN 4108-2 ist bautechnisch eingeführt. Unstrittig.

Weiter leite ich aus Abs. 3 ab, dass ich bei Gebäuden mit hohen Dämmstoffstärken grundsätzlich auf den Gleichwertigkeitsnachweis verzichten darf, wenn die U-Werte entsprechend niedriger als die Bauteile in den Musterlösungen sind. Völlig unabhängig vom PSI-Wert, der sich bei einer Wärmebrückenberechnung ergeben würde, solange der Mindestwärmeschutz eingehalten ist.
Der Absatz ist erst mit dem Referenzgebäude-Verfahren in die ENEV aufgenommen worden.

In den Auslegungsfragen fehlt leider bisher die Interpretation bzw. Bewertung des Abs. 3 für die Praxis.

Mich würde daher die Meinung der Experten interessieren und wie jeder das Thema Wärmebrückenzuschlag 0,05 handhabt.

Grüße
MR
Andreas Obermüller
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Re: Auslegung §7 ENEV - Wärmebrückenzuschlag + Gleichwertigkeitsnachweis

#2 Beitrag von Andreas Obermüller »

Ich lese den Abschnitt so:
- Das Regelverfahren ist es, die Wärmebrücken zu berücksichtigen, indem man diese nach DIN 18599 oder DIN 4108-6 mit den Psi-Werten einrechnet. (Abs. (3) Satz 1)
- Soweit man das nicht macht und einen Wärmebrückenzuschlag wählt, muss man einen Gleichwertigkeitsnachweis führen. (steht in den Normen)
- Bei diesem Gleichwertigkeitsnachweis kann dann und nur dann auf eine Berechnung der Wärmebrücke verzichtet werden, wenn das Detail der DIN 4108 Beilbatt 2 genau entspricht oder (Abs. (3) Satz 2) auch, wenn der Wärmedurchgangskoeffizient der angrenzenden Bauteile kleiner ist als im Beispiel des Beiblattes.
- Wärmebrücken, die nicht dem Beiblatt 2 entsprechen, muss man sowieso berechnen.
Moritz
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Re: Auslegung §7 ENEV - Wärmebrückenzuschlag + Gleichwertigkeitsnachweis

#3 Beitrag von Moritz »

Hallo Herr Obermüller,

ich danke Ihnen für die Antwort. Die DIN 18599-2 hatte ich nicht auf dem Schirm. Hier steht es eindeutig, dass 0,05 nur mit Gleichwertigkeitsnachweis angesetzt werden darf.
ENEV und DIN 18599-2 widersprechen sich hier!
Steht die ENEV über der DIN 18599?

Betrachtet man jetzt aber mal die Nachweismethodik für den Einsatz des Wärmebrückenzuschlags von 0,05 bei einer 2-schaligen Außenwand mit 20 cm Wärmedämmung z.B. Fensteranschluss, so zeigt sich folgendes:

– Nachweis der Gleichwertigkeit über das konstruktive Grundprinzip scheidet aus, da das nur möglich ist, wenn eine Übereinstimmung der beschriebenen Bauteilabmessungen und Baustoffeigenschaften vorliegt. (Dämmung Außenwand im Detail nicht 10-14 cm)

– Wäre der Nachweis der Gleichwertigkeit über den Wärmedurchlasswiderstand R der jeweiligen Schichten zulässig? Entspricht aber dieses Vorgehen nicht ziemlich genau dem Vorgehen nach §7 Abs. 3?

Grüße
MR
Moritz
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Re: Auslegung §7 ENEV - Wärmebrückenzuschlag + Gleichwertigkeitsnachweis

#4 Beitrag von Moritz »

Die ENEV verweist im §7 eindeutig auf das Beibl. 2 DIN 4108 aus 2006. DIN 18599-2 verweist pauschal auf die letzte Version vom Beibl. 2 DIN 4108.
Aus dem Text lässt sich deutlich erkennen, dass dort auf den Stand mit den Kategorien A und B gezielt wird.

Wonach muss jetzt der Nachweis ausgerichtet werden?
Andreas Obermüller
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Re: Auslegung §7 ENEV - Wärmebrückenzuschlag + Gleichwertigkeitsnachweis

#5 Beitrag von Andreas Obermüller »

Warum widersprechen sich EnEV und DIN hier?

Wenn man den Gleichwertigkeitsnachweis ernsthaft führt, dann muss man meiner Erfahrung nach fast alle Wärmebrücken berechnen, weil das Detail mit dem alten Beiblatt 2 nicht genau genug übereinstimmt. Dann kann man auch gleich auf den Zuschlag verzichten und genau rechnen. (In der Praxis nimmt man das aber häufig nicht so genau, weil man vermutet, dass man den Nachweis der Gleichwertigkeit führen könnte...!)
Wenn der U-Wert der angrenzenden Bauteile kleiner ist, kann man den Satz 2 anwenden. (Macht zwar technisch keinen Sinn, aber egal...) Aber der Rest des Wärmebrückendetails (also die Wärmebrücke an sich) muss im Sinne des Beiblattes übereinstimmen! Das ist oft nicht der Fall. Mit dem neuen Beibklatt 2 wird das vielleicht besser, das kann man aber in der EnEV zumindest offiziell noch nicht anwenden.
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